Der frühere bayerischen Ministerpräsident und CSU-Chef Edmund Stoiber erhält an diesem Freitag in Budapest das Großkreuz des Verdienstordens Ungarns. Die Auszeichnung verleiht ihm Staatspräsident Janos Ader im Beisein des ungarischen Ministerpräsidenten Viktor Orban. Stoiber nimmt den hohen Orden trotz der jüngsten Differenzen zwischen seiner Partei und dem teilweise autoritär regierenden Orban persönlich entgegen.
“Ungarn gehörte für mich immer zum Herzen Europas. Ich verstehe die Verleihung des Großen Verdienstkreuzes deshalb als Würdigung meiner jahrzehntelangen intensiven Arbeit zur Festigung der bayerisch-ungarischen Freundschaft und zur Integration Ungarns in ein geeintes Europa”, sagte Stoiber kürzlich der Deutschen Presse-Agentur in München.
Stoiber war von 1993 bis 2007 Ministerpräsident Bayerns und von 1999 bis 2007 Vorsitzender der CSU. Orban, der seit 2010 ununterbrochen in Ungarn regiert, war bereits von 1998 bis 2002 Ministerpräsident. In dieser Zeit bildete sich eine Freundschaft zwischen Orban und Stoiber heraus. Unter anderem gründeten ihre Länder mit Baden-Württemberg und Österreich im Jahr 2001 die deutschsprachige Andrassy-Universität in Budapest.
Bis in die letzten Jahre war Orban ein gern gesehener Gast bei den Klausuren der CSU. Im Streit zwischen dem damaligen CSU-Chef und heutigen Innenminister Horst Seehofer und Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) war Orban als Verfechter einer gegenüber Flüchtlingen strikten Abschottungspolitik ein willkommener “Kronzeuge”.
Doch inzwischen hat die CSU ihre Haltung gemäßigt. Orban hingegen betont gerne seine Nähe zu Populisten und Autokraten wie Italiens Ex-Innenminister Matteo Salvini, Russlands Präsident Wladimir Putin oder dem türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdogan. Letzteren begrüßte er gerade einen Tag vor der Stoiber-Ehrung herzlich auf der Burg von Buda.
Der von Orban betriebene Abbau von Demokratie und Rechtsstaatlichkeit in Ungarn löste ein Grundwerteverfahren der EU gegen Budapest aus. Die Mitgliedschaft von Orbans Fidesz-Partei in der Europäischen Volkspartei (EVP), der auch CDU und CSU angehören, wurde im März ausgesetzt. Orban hatte zuvor die EU-Kommission und ihren aus der EVP kommenden Vorsitzenden Jean-Claude Juncker in Plakat-Kampagnen hetzerisch angegriffen.
Die Entfremdung von der CSU erreichte schließlich im EU-Wahlkampf einen Höhepunkt, als der EVP-Fraktionschef und CSU-Vize Manfred Weber erklärte, dass er sich nicht mit den Stimmen der Fidesz-Partei zum EU-Kommissionschef wählen lassen wolle. Der Ungar revanchierte sich, als er Frankreichs Präsident Emmanuel Macron dabei unterstützte, Weber als Kommissionspräsidenten zu verhindern.
Stoibers Entschluss, sich im Beisein Orbans in Budapest einen Orden an die Brust heften zu lassen, tut dies jedoch keinen Abbruch. Sowohl CSU-Chef Markus Söder als auch Weber hätten ihm zur Ehrung gratuliert, sagte er dpa.
Das Große Verdienstkreuz ist eine der höchsten Auszeichnungen, die der Staat Ungarn an Persönlichkeiten aus Politik, Wirtschaft, Kultur und Sport verleiht. Unter den bisherigen Ordensträgern befinden sich unter anderen Otto von Habsburg (1912-2011), die Ex-Bundestagspräsidenten Wolfgang Thierse und Norbert Lammert, der britische Thronfolger Prinz Charles und der österreichische Ex-Bundeskanzler Wolfgang Schüssel.