Eigentlich sollte es bei “Hart aber fair” in der ARD am Montagabend um Donald Trump, Recep Tayyip Erdogan und Wladimir Putin gehen.
Zunächst stand aber ein anderer Politiker im Vordergrund, der ebenfalls die verbale Eskalation übt: AfD-Spitzenkandidat Alexander Gauland.
Gauland hatte bei einem Wahlkampfauftritt im Eichsfeld in Thüringen gefordert, Integrationsministerin Aydan Özoguz (SPD) “in Anatolien zu entsorgen”.
Moderator Frank Plasberg fragte Gauland zunächst, ob ihm über Nacht nun Bedenken an seiner umstrittenen Äußerung gekommen wären. Der AfD-Politiker wiegelte ab, versuchte das Gespräch immer wieder auf die Äußerungen von anderen Politikern oder Medien zu bringen.
Gauland will ablenken
Gauland verwies zu Beginn auf eine Äußerung von SPD-Politiker Johannes Kahrs aus dem Jahr 2013. Kahrs habe damals formuliert: “Wir wollen ja alle die Merkel entsorgen und besser regieren” (sic).
Natürlich echauffierte sich der AfD-Politiker, warum ihm Hetze vorgeworfen werde, wenn er das Wort “entsorgen” benutze. Und bei Kahrs störe das Wort niemanden.
Plasberg ließ einen Einspieler ablaufen. Ein Sprachwissenschaftler erklärte noch einmal, dass das Wort “entsorgen” eindeutig die Assoziation zu Müll enthalte. Spannender war da der Beitrag von Rechtswissenschaftler Thomas Fischer. Man müsse prüfen, ob im Fall von Gauland der Tatbestand von Volksverhetzung erfüllt sei, zitierte “Hart aber fair” den ehemaligen Bundesrichter.
Man kenne die Taktik von AfD-Politikern. “Sie stören absichtlich den öffentlichen Frieden”, sagte Fischer.
“Entsorgen” sei ja harmlos, sagte Gauland
Plasberg fragte Gauland daraufhin, ob er glaube, dass er sich strafbar gemacht habe. Wieder wiegelte Gauland ab, lenkte das Thema auf den Fall der Satire-Show “extra 3” im NDR. Der Moderator der Sendung, Christian Ehring, hatte die AfD-Spitzenkandidatin Alice Weidel im Rahmen eines Beitrags als “Nazi-Schlampe” bezeichnet.
Ein Gericht hatte im Mai entschieden, dass die Verwendung des Schimpfworts in diesem Kontext “von der Meinungsfreiheit gedeckt ist”.
Gauland will keinen Unterschied zwischen seiner Äußerung zu Özoguz und der Satire sehen. Im Vergleich zu “Nazi-Schlampe” sei “entsorgen” ja richtig harmlos, sagte Gauland.
Entschuldigen müsse er sich bei Özoguz nicht, sagte Gauland auf Nachfrage. Er bleibe bei seiner inhaltlichen Aussage.
Plasberg hakte nicht noch einmal nach. Sagte aber, alle seien sich bewusst, dass sie den Provokationen von Gauland hier eine Bühne bieten würden. “Wir springen über das Stöckchen, das Sie uns hinhalten”, sagte Plasberg.
Röttgen: “Ekelhaft und menschenverachtend”
Norbert Röttgen wollte die Äußerungen von Gauland allerdings nicht in der Form stehen lassen. Dessen Äußerungen seien “ekelhaft, menschenverachtend”.
Man müsse kein Sprachwissenschaftler sein, um zu wissen, welche Assoziierungen “entsorgen” auslöse.
“Sprache kann als politischer Brandbeschleuniger wirken”, sagte Röttgen. Aus verbaler Gewalt werde irgendwann reale Gewalt, mahnte Röttgen an.
“Ich nehmen Ihnen ihre gespielte Harmlosigkeit nicht ab”, sagte Röttgen direkt an Gauland gerichtet.
Bevor die AfD die politische Bühne betreten habe, habe es in Deutschland den Konsens in der politischen Kultur gegeben, keine menschenverachtenden Äußerungen zu verwenden. “Sie verletzen unsere politische Kultur”, sagte Röttgen deshalb an die Adresse Gaulands gerichtet. Das müsse von allen zurückgewiesen werden, die hinter dieser Kultur stünden.
“Im Eichsfeld schämt man sich dafür”
Auch der Grünen-Politiker Jürgen Trittin verurteilte Gaulands Aussage. Das Eichsfeld, wo Gauland gesprochen hatte, sei Teil seines Wahlkreises. “In Eichsfeld schämt man sich dafür”, sagte Trittin.
Von Einsicht war bei Gauland dennoch nichts zu sehen. Er hat wohl erreicht, was er erreichen wollte: Aufmerksamkeit.