Zum Auftakt seines Wahlkampfes hat der EU-Gegner Nigel Farage dem britischen Premierminister Boris Johnson eine Pro-Brexit-Allianz vorgeschlagen. Johnson solle den mit Brüssel ausgehandelten Austrittsvertrag fallen lassen und gemeinsam mit ihm Wahlkampf für einen EU-Austritt ohne Abkommen machen, sagte der Chef der Brexit-Partei. “Gib den Deal auf!”, forderte Farage von Johnson. Für diesen Fall bot er dem Premierminister eine Art “Nichtangriffspakt” an. Falls Johnson einer Allianz nicht zustimme, werde seine Brexit-Partei um jeden Sitz bei der Neuwahl in sechs Wochen kämpfen, drohte Farage.
Die Partei, die Farage Anfang 2019 gegründet hat, will erreichen, dass Großbritannien die Europäische Union ohne jedes Abkommen verlässt. Farage sagte in seiner täglichen Radiosendung, er könne Johnson nur unterstützen, wenn der Premierminister sein “fürchterliches” Brexit-Abkommen aufgebe. Wenn der Premier nicht auf seinen harten Kurs einschwenke, werde seine Brexit-Partei “in jedem Wahlkreis Englands, Schottlands und Wales'” eigene Kandidaten aufstellen, sagte er. Bei der Europawahl im Mai war Farages Partei mit 32 Prozent stärkste Kraft geworden.
Unterstützung für seine Forderung hatte Farage am Donnerstag durch US-Präsident Donald Trump bekommen. Wenn Farage und Johnson sich zu einer “unaufhaltbaren Macht” zusammenschließen würden, könne etwas “Wunderbares” dabei herauskommen, sagte Trump in der von Farage moderierten Sendung des Radiosenders LBC. Der US-Präsident warnte den amtierenden Premierminister zugleich, sein Brexit-Deal mache “in gewisser Hinsicht” den Abschluss eines Handelsabkommens zwischen den USA und Großbritannien unmöglich.
Regierung weist Forderungen zurück
Die britische Regierung wies die Idee einer Allianz mit Farage sowie die Warnungen Trumps zurück. “Wir sind nicht interessiert an irgendeinem Pakt mit der Brexit-Partei oder mit irgendjemand anderem”, sagte Kabinettsminister Robert Jenrick der BBC. Mit dem Brexit-Abkommen als Grundlage werde Großbritannien “rund um die Welt eigene Freihandelsabkommen” abschließen können, erklärte ein Sprecher Johnsons. Dies werde “für jeden Teil des Vereinigten Königreichs von Vorteil sein”.
Trump hat sich schon mehrfach in den Brexit-Streit eingemischt und sich dabei meist hinter Johnson gestellt. Im September sagte er, die USA und Großbritannien arbeiteten bereits an einem “großartigen Handelsabkommen” für die Zeit nach dem Brexit. Im August lobte er Johnson als “großartig” und bezeichnete ihn als “richtigen Mann” zur Umsetzung des Brexit.
Für den 12. Dezember sind in Großbritannien Neuwahlen angesetzt. Damit will der Regierungschef Johnson, der derzeit keine Mehrheit im Unterhaus hat, den festgefahrenen Brexit-Streit lösen. Der Austritt Großbritanniens aus der Europäischen Union wurde auf spätestens Ende Januar verschoben.
In den Umfragen liegen Johnsons konservative Tories mit rund 35 Prozent deutlich vor der oppositionellen Labourpartei mit 25 Prozent. Farages Brexit-Partei steht im Moment in der Wählergunst bei rund zehn Prozent.