Bislang hatte Annegret Kramp-Karrenbauer im Kampf um den Chefsessel der CDUmeist versöhnlich gesprochen. Am Wochenende aber platzte der Generalsekretärin der Kragen: “Ein Schlag ins Gesicht der CDU-Mitglieder” nannte Kramp-Karrenbauer den Vorwurf ihres Konkurrenten Friedrich Merz, die Union habe den Aufstieg der AfD “mit einem Achselzucken” hingenommen.
Nun sorgt sich offenbar der CDU-Wirtschaftsrat um die Geschlossenheit der Partei und warnt vor zu scharfen gegenseitigen Attacken der Bewerber um den CDU-Vorsitz, ohne Kramp-Karrenbauer direkt zu kritisieren.
“Wenn sich der Umgangston weiter so verschärft und inhaltliche Diskussionsverbote verhängt werden, wird es auf die Geschlossenheit der CDU nicht ohne nachhaltige Auswirkungen bleiben”, sagte der Generalsekretär des Rats, Wolfgang Steiger. Der Wirtschaftsrat vertritt nach eigenen Angaben rund 12.000 Unternehmen.
CDU am “Scheideweg”
Der Wettbewerb der Kandidaten führe die CDU dieser Tage an einen “Scheideweg”, warnte Steiger. “Bisher haben sich alle mit gegenseitigem Respekt behandelt, jetzt will man sich falsch verstehen, um einen Vorteil zu ziehen.” Wen er mit seinen Mahnungen vor allem meinte, ließ Steiger offen.
Dritter aussichtsreicher Kandidat im Rennen ist Bundesgesundheitsminister Jens Spahn. Er, Kramp-Karrenbauer und Merz stellen sich derzeit in Regionalkonferenzen als potenzielle Nachfolger Angela Merkels der Basis vor. Aktuell ist Halbzeit: Vier davon hat es bereits gegeben, weitere vier folgen in dieser Woche in Böblingen, Düsseldorf, Bremen und Berlin. Entscheiden wird die CDU über den Parteivorsitz auf ihrem Hamburger Parteitag am 7. Dezember.
CDU-Abgeordneter Fischer: Bei AKK “liegen Nerven blank”
Wirtschaftsrats-Generalsekretär Steiger sagte, die Wähler hätten in den vergangenen drei Jahren bei allen Wahlen sehr deutliche Signale gesetzt. “Sie haben aber offensichtlich das Gefühl gehabt, dass ihre große Unzufriedenheit nicht erkannt und verstanden wurde.” Es seien mitnichten nur die innere Sicherheit und die Migration, die Unionswähler in verschiedene Richtungen getrieben hätten. “Es braucht also ein inhaltliches und personelles Gesamtangebot, das die CDU wieder zu einer erfolgreichen Volkspartei macht, die mit allen Flügeln glaubwürdig fliegen kann.”
Der aus Baden-Württemberg kommende CDU-Bundestagsabgeordnete Axel Fischer kritisierte Kramp-Karrenbauer wegen ihrer Attacke auf Merz. “Bei Annegret Kramp-Karrenbauer scheinen offensichtlich die Nerven blank zu liegen”, sagte er “Bild”. “Dass die AfD durch fehlende klare politische Positionen der CDU gestärkt wurde, liegt doch auf der Hand. Somit hat Friedrich Merz einen Nerv getroffen, und die CDU-Generalsekretärin heult auf.”
Auch andere CDU-Politiker verteidigten Merz, räumten aber zugleich Versäumnisse ein. “Wir haben die AfD natürlich ernst genommen, aber nicht immer ernst genug”, sagte Innenstaatssekretär Günter Krings der “Rheinischen Post”. Der CDU-Innenpolitiker Armin Schuster sagte der Zeitung: “Wir haben die Gewinne der AfD ganz sicher nicht gleichgültig akzeptiert, schon eher haben wir mit viel Herzblut nicht immer die richtigen Rezepte eingesetzt.”