Schwimmt Brandenburg bald im Geld? Seit zwei Jahren sucht das deutsch-kanadische Unternehmen CEP in Brandenburg nach Erdöl und Erdgas. Am aussichtsreichsten erscheinen die Bohrungen am Schwielochsee im Spreewald zu verlaufen. Sollte es zu einer regulären Förderung von Erdöl kommen, ist von einer Milliarde Euro Förderabgabe die Rede, die das Unternehmen an das Land abführt.
Doch dagegen regt sich Widerstand. „Wir sehen das mit großer Sorge“, sagt der Bürgermeister der betroffenen Region, Rainer Hilgenfeld. „Seit Jahrzehnten setzen wir auf den Tourismus als Wirtschaftsfaktor.“ Der könnte leiden, sollte CEP die Genehmigung zum Abbau von Erdöl und Erdgas erhalten, befürchtet Hilgenfeld, wenn rund um den Schwielochsee Bohrtürme entstehen. Auch den Status als staatlich anerkannter Erholungsort sieht die Gemeinde gefährdet. Die Bewohner befürchten auch gesundheitliche Schäden. „Überall, wo Erdöl und Erdgas gefördert werden, steigen die Krankheits- und Krebsraten“, sagt Hilgenfeld.
CEP weist die Bedenken zurück. „Wir werden sicherstellen, dass ergänzend zum gesetzlichen Verfahren lokale und regionale Besonderheiten frühzeitig und umfassend in den weiteren Planungs- und Genehmigungsprozess einfließen werden“, sagt der Sprecher des Unternehmens, Stephan Grafen. „Uns ist bewusst, dass vor allem der Tourismus als eine der wichtigsten wirtschaftlichen Perspektiven dieser Region angesehen wird, sodass wir diesen Aspekt bei unseren Konzeptionen und Planungen selbstverständlich ganz besonders berücksichtigen wollen.“
CEP betreibt derzeit zwei Bohrfelder in Brandenburg, eins bei Lübben und eins in Guhlen am Schwielochsee. Hier sind wegen der aussichtsreichen Vorkommen in diesem Jahr zwei weitere Bohrschächte vorgesehen. Ein anderes Feld bei Forst gab CEP auf und konzentriert sich jetzt auf Guhlen. Wie viel fossile Brennstoffe in der Erde lagern, ist derzeit noch nicht bekannt, das sollen die beiden neuen Bohrungen ergeben. Erdgasvorkommen konnte das Unternehmen in der Region in knapp 3000 Meter Tiefe bereits nachweisen.
Vom Förderzins sieht die Gemeinde keinen Cent
Nachdem in der Gemeinde die Probebohrungen anfangs auf vorsichtige Zustimmung gestoßen waren, weil das Vorhaben Geld und Arbeitsplätze versprach, so ist die Stimmung am nordöstlichen Rand des Spreewaldes gekippt. Vom Förderzins sieht die Gemeinde nichts, da alles beim Land verbleibt und Arbeitsplätze sind bislang auch nicht geschaffen worden. Gewerbesteuer ist, wenn überhaupt, erst ab dem Jahr 2035 in Sicht, kritisiert Bürgermeister Hilgenfeld.
Auch hier verspricht CEP Abhilfe. Es sei zwar richtig, dass die Gemeinde nur indirekt von der Förderabgabe profitiert, die an das Land abgeführt werden muss. Aber: „CEP will eine nennenswerte Zahl hoch qualifizierter und gut bezahlter Arbeitsplätze anbieten und durch Aufträge vornehmlich an geeignete lokale und regionale Unternehmen, Dienstleister und Gewerbetreibende auch zu einer relevanten regionalen Wertschöpfung beitragen“, sagt Firmensprecher Grafen. Vielmehr sehe sich das Unternehmen als Partner, um der Region beim Strukturwandel nach dem Kohleausstieg zu helfen.
Sollte CEP nach den beiden aktuellen Bohrungen zu dem Schluss kommen, Erdöl und Erdgas in der Region fördern zu wollen, startet ein umfangreiches und kompliziertes Genehmigungsverfahren. Das Landesamt für Bergbau muss dann darüber entscheiden, ob das Vorhaben nach den Landesentwicklungsplänen von Berlin und Brandenburg „raumverträglich“ ist, dazu kommen Beteiligungsverfahren mit Gemeinden und Anwohnern.
Zusätzlich verärgert die Anwohner des Schwielochsees derzeit die Antwort der Landesregierung auf eine Anfrage der Landtagsfraktion der Grünen. Demnach soll die örtliche Feuerwehr im Brandfall bei den Probebohrungen einschreiten, eine eigene Werksfeuerwehr ist erst bei regulären Bohrarbeiten vorgesehen. Die Landesregierung will auch keinen Erdbebendienst, wie in Niedersachsen geschehen, einrichten, um kleinere Erdbeben in der Nähe von Förderfeldern zu überwachen und mögliche Folgen für die Umwelt zu beobachten.
„Es muss Druck aufgebaut werden, um das zu verhindern“
Als „ernüchternd“ bezeichnet die bergbaupolitische Sprecherin der Grünen, Heide Schinowsky, die Reaktion der Landesregierung. „Man kann es so zusammenfassen: Die Region soll die Lasten schultern und die Gewinne verbleiben bei den Bergbauunternehmen“, sagte Schinowsky. „Die Landesregierung legt unterdessen die Hände in den Schoß und vertagt Entscheidungen in die Zukunft.“ So werde keine Akzeptanz bei der Bevölkerung für das Vorhaben geschaffen. Im Gegenteil: Bürgermeister Hilgenfeld will der Entwicklung nicht tatenlos zusehen und kündigt Widerstand an. „Es muss Druck aufgebaut werden, um das zu verhindern.“ Im Ort hat sich bereits eine Bürgerinitiative gegründet.
Die Suche nach Erdöl geht auf Erkenntnisse in der DDR zurück. Seit den 50er-Jahren wurde nach dem begehrten Rohstoff gefahndet. Das staatseigene Unternehmen „DDR Erdölerkundungs- und -förderbetrieb Gommern“ suchte an rund 30 Orten nach Erdöl und Erdgas. Aber erst neue Fördertechniken machen einen Abbau in der Region erfolgversprechend. Insgesamt wird vermutet, dass in Deutschland Ölvorkommen in Höhe von 33 Millionen Tonnen lagern.