Ein mutmaßlicher Islamist wurde beim Versuch, einer Soldatin die Waffe zu entreißen, getötet. Offenbar stand er bereits unter Terrorverdacht
Paris. Französische Sicherheitskräfte haben am Sonnabend am Pariser Flughafen Orly einen mutmaßlichen islamischen Extremisten erschossen. Der Mann sei beim Versuch, einer Soldatin die Waffe zu entreißen, außer Gefecht gesetzt worden, sagte Verteidigungsminister Jean-Yves Le Drian.
Der Angreifer Ziyed Ben Belgacem habe kurz vor dem Vorfall am Flughafen im Pariser Vorort Vitry-sur-Seine ein Fahrzeug in seine Gewalt gebracht und in einer Bar die Anwesenden bedroht. Zuvor habe er bei einer Identitätskontrolle in Garges-lès-Gonesse das Feuer auf einen Polizisten eröffnet. Dieser sei verletzt worden und werde im Krankenhaus behandelt, sagte Innenminister Bruno Le Roux. Die Verletzungen seien aber wohl nicht schwer.
Nach der Attacke nahmen Ermittler drei Verwandte in Gewahrsam, den Vater, den Bruder und einen Cousin des Angreifers. Dieser habe ein langes Vorstrafenregister gehabt. Eine Durchsuchung im Rahmen des terrorbedingten Ausnahmezustandes habe aber nichts ergeben, berichteten Ermittler. Die für Anti-Terror-Maßnahmen zuständige Staatsanwaltschaft sprach in einer Pressekonferenz von ersten Hinweisen auf einen möglichen Terroranschlag.
Der Luftverkehr an dem Airport wurde komplett gestoppt. Gegen Mittag lief am Terminal West allerdings der Betrieb wieder an. Das Süd-Terminal, wo sich am Morgen die Attacke ereignet hatte, blieb zunächst geschlossen. Die französische Fluggesellschaft Air France empfahl Fluggästen, ihre Reise zu verschieben.
Verteidigungsminister Le Drian berichtete, der Angreifer habe die Soldatin zu Boden geworfen und versucht, ihre Waffe zu entwenden. Die Frau sei Reservistin und als Teil einer Patrouille von drei Soldaten am Flughafen unterwegs gewesen. Sie habe ihre Waffe festgehalten. “Ihre zwei Kameraden haben es für nötig gehalten – und sie hatten recht – das Feuer zu eröffnen, um sie zu beschützen, und vor allem, um alle Leute drumherum zu beschützen”, sagte Le Drian.
Präsident François Hollande lobte “den Mut und die Tüchtigkeit” der Sicherheitskräfte. “Der Präsident der Republik bekräftigt die Entschlossenheit des Staates, unablässig zu handeln, um gegen den Terrorismus zu kämpfen, die Sicherheit unserer Mitbürger zu verteidigen und den Schutz des Staatsgebiets sicherzustellen”, teilte der Élysée-Palast am Sonnabend mit. Den erschossenen Angreifer bezeichnete er als “besonders gefährliche Person”.
Bei Ziyed Ben Belgacem handelt es sich um einen 39 Jahre alten Franzosen. Die Behörden hatten ihn offenbar vor einiger Zeit im Verdacht, sich radikalisiert zu haben. Bei ihm habe es deshalb im November 2015 eine Hausdurchsuchung gegeben, meldeten die französische Nachrichtenagentur AFP und weitere Medien unter Berufung auf eine Polizeiquelle. Die Durchsuchung habe aber nichts ergeben. Nach Informationen der Zeitung “Le Figaro” soll er nicht in die Datenbank möglicher Gefährder aufgenommen worden sein.
Frankreich war in den vergangenen Jahren Schauplatz einer beispiellosen Terrorserie, die mehr als 230 Tote forderte. Erst vor einigen Wochen war nahe dem Pariser Louvre-Museum ein Mann niedergeschossen worden, der sich mit Macheten auf eine Militärpatrouille gestürzt hatte. Wegen der Terrorgefahr sichern Soldaten Flughäfen, Bahnhöfe und andere gefährdete Orten.
Seit der Pariser Terrornacht vom 13. November 2015 gilt in Frankreich der Ausnahmezustand. Damals hatten Extremisten der Terrormiliz “Islamischer Staat” bei Anschlägen 130 Menschen ermordet. Der Ausnahmezustand ist aktuell bis zum 15. Juli in Kraft.
Quelle: Berliner Morgenpost (rtr/dpa)