Heile DFB-Welt: “Ich bin immer einer, der positiv nach vorne schaut.” Nationalmannschaftsmanager Oliver Bierhoff setzte vor dem Spiel die Agenda. Der Umbruch läuft, alles ist gut. Da machte die ARD doch gleich mit, kritische Töne gab es nur in der Retrospektive. Moderator Matthias Opdenhövel ernannte die sogenannte “Moped-Gang” bestehend aus Serge Gnabry, Timo Werner und Leroy Sané zur Zukunft des deutschen Fußballs.
Das Ergebnis: Die Niederländer traten als Spielverderber auf. Die DFB-Elf führte bis zur 85. Minute 2:0 gegen zuvor so hoch gelobte Gäste und spielte am Ende nur 2:2 (2:0).
Umbruch abgeschlossen? Wasser im Umbruch-Wein mag zwar niemand, aber warum genau sollte beim DFB-Flaggschiff plötzlich alles wieder gut sein? Nach einem Jahr mit sechs Niederlagen, dem Vorrunden-Aus bei der WM und dem Abstieg aus der Nations League dürften ein, zwei gute Spiele und ein paar Marketingmaßnahmen nicht den Blick für die Ursachen verschleiern. Oder wie Bierhoff vor dem Spiel sagte: “Ich weiß immer noch nicht, warum wir bei der WM ausgeschieden sind.”
Erste Hälfte: Die deutsche Nationalmannschaft spielte stark, die niederländische Elf war nach den jüngsten Erfolgen gegen Frankreich und die DFB-Elf aber auch nicht wiederzuerkennen. Der äußerst schwache Gegner spielte in den Analysen in der Pause jedoch keine Rolle. Die Tore erzielten Werner mit einem Schuss aus 20 Meter und Sané nach gutem Pass des wieder in die Startelf gerückten Toni Kroos.
9. 1-0 voor Duitsland. Timo Werner schiet vanaf een meter of 20 laag in de hoek.#DUINED
— OnsOranje (@OnsOranje) November 19, 2018
Alte Zöpfe: Umbruch, Neuanfang – beim DFB mit Bierhoff an der Spitze ist man seit Monaten darum bemüht, für ein Weiter-so-mit-Löw zu werben. Bisher verschont blieb die Torhymne, für die der Bundestrainer wirklich nicht kann. Seit Jahren wurde nach Treffern bei Heimspielen “Schwarz und Weiß” von Oliver Pocher gespielt. Diesen Zopf hat der DFB scheinbar abgeschnitten, in Gelsenkirchen wurde “Chöre” von Mark Forster gespielt.

“Wir kommen wieder, keine Frage: Ähnlich wie beim 3:0-Sieg gegen Russland vor wenigen Tagen in Leipzig, blieben auch in der Arena in Gelsenkirchen viele Plätze im Oberrang frei. Das konnte auch die Choreografie des durch einen Getränkehersteller unterstützen Fanclubs Nationalmannschaft mit dem Motto des Pink Panther nicht vertuschen. Zwischenzeitlich glich die Atmosphäre einem Spiel unter Ausschluss der Öffentlichkeit. Und die echten Fans, die da waren, folgten Bierhoffs Agenda nicht ausnahmslos:

Zweite Hälfte: 85 Minuten lang fiel kein weiterer Treffer. Dann kamen Quincy Promes (85.) und Virgil van Dijk (90.+1) und nutzten zwei Nachlässigkeiten in der deutschen Abwehr zu zwei Toren. Zwischen den beiden Toren hatte Thilo Kehrer die Großchance zum dritten deutschen Tor (87.), vergab jedoch kläglich. Effizient war an diesem Abend nur Oranje.
Einhundert: Bis zur Veröffentlichung dieses Artikels gab es keinen Instagram-Post von Lisa Müller. Dabei hatte der Bundestrainer erst in der 67. Minute einen Geistesblitz. Löw wechselte Ehemann Thomas für Gnabry ein und bescherte dem seit Monaten auf Formsuche befindlichen Müller das 100. Länderspiel. Ende der Geschichte.
Die Erkenntnis: Deutschland ist aus der Nations League abgestiegen. Für Löw kein Problem: “Mein Gefühl ist, dass wir wieder auf einem sehr guten Weg sind”, sagte er, als hätte es die letzten Minuten nicht gegeben. Im kommenden Jahr startet die Qualifikation zur EM 2020 und das DFB-Team hat sich dank des Unentschiedens nicht in den ersten Lostopf der Auslosung am 2. Dezember in Dublin schummeln können. Wenn Polen am Dienstag gegen Portugal verliert, könnte zumindest dies trotzdem noch passieren.
Deutschland – Niederlande 2:2 (2:0)
1:0 Werner (9.)
2:0 Sané (20.)
2:1 Promes (85.)
2:2 van Dijk (90.+1)
Deutschland: Neuer – Süle, Hummels, Rüdiger – Kehrer, Kimmich, Kroos, Schulz – Gnabry (67. Müller), Werner (63. Reus), Sané (80. Goretzka).
Niederlande: Cillessen – Tete, de Ligt, van Dijk, Blind – de Roon, Wijnaldum (60. Vilhena), de Jong – Promes, Depay, Babel (46. Dilrosun, 66. de Jong)
Schiedsrichter: Hategan (Rumänien)
Gelbe Karten: Hummels, Kroos, Kimmich – Wijnaldum.
Zuschauer: 42.186