Im Falle einer mehrmonatigen Verschiebung des Brexits muss das Vereinigte Königreich noch einmal einen neuen EU-Kommissar oder eine Kommissarin benennen. Wie die gewählte Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen mitteilte, gilt dies für den Fall, wenn das Land zum Amtsantritt ihres Teams noch Mitglied der Europäischen Union ist. Von der Leyen würde die Regierung in London dann um einen Personalvorschlag bitten, sagte sie.
Das Vereinigte Königreich sollte die EU am 31. Oktober verlassen. Dazu wird es aber wohl nicht kommen. Am vergangenen Wochenende hatte Premierminister Boris Johnson die EU – gegen seinen Willen, aber gesetzeskonform – um einen weiteren Aufschub des Brexit gebeten. Zuvor war der von ihm mit der EU ausgehandelte Vertrag vom Parlament nicht angenommen worden. Die Abgeordneten stimmten Tage später auch gegen seinen Zeitplan – Johnson setzte als Folge die gesamte Brexit-Gesetzgebung zeitweise aus.
Nun müssen die 27 verbleibenden EU-Mitgliedsländer noch über Johnsons Bitte entscheiden. Am Freitag soll es dazu Beratungen zwischen EU-Ratspräsident Donald Tusk, dem Europaparlament und den Regierungen geben. Diplomaten in Brüssel zufolge ist man sich aber grundsätzlich über eine weitere Verschiebung einig.
Bisheriger Kommissar könnte länger in Brüssel bleiben
Strittig war bislang die Dauer des erneuten Aufschubs. Tusk und das Europaparlament sind für eine neue Frist bis Ende Januar 2020. Zugleich soll diese flexibel angepasst werden, sollte die Ratifizierung des Austrittsvertrags vorher gelingen. Nach Angaben des finnischen Ministerpräsidenten Antti Rinne, dessen Land derzeit die EU-Ratspräsidentschaft innehat, steht die große Mehrheit hinter der Idee.
Theoretisch könnte der Austritt also auch im Falle einer Verschiebung noch vor von der Leyens Amtsantritt gelingen. Denn auch dieser wurde um mindestens einen Monat verschoben, weil von der Leyen noch drei von 26 Kommissaren fehlen. Die Anwärterinnen müssen Anhörungen im Europaparlament durchlaufen, das anschließend noch einmal über das gesamte Personalpaket abstimmt.
Die britische Regierung hatte dabei – vor allem mit Blick den bisherigen Zeitplan – auf die Nominierung eines Kommissars verzichtet. Momentan ist der Brite Julian King in Brüssel für Sicherheitsfragen zuständig. Zuletzt galt es als denkbar, dass er einige Monate länger im Amt bleiben könnte.