Im Parlament von Belarus wird Präsident Alexander Lukaschenko wohl kaum noch Widerspruch hinnehmen müssen. Nach der vorgezogenen Wahl, mit der der Präsident seine Macht festigen wollte, werden die einzigen beiden Oppositionspolitiker aus dem Repräsentantenhaus ausscheiden. Die 110 gewählten Abgeordneten gehören alle Parteien an, die die Regierung des autoritären Präsidenten unterstützen, wie aus den am Montag veröffentlichten offiziellen Wahlergebnissen hervorgeht.
Die wichtigsten Anführer der Opposition sowie die einzigen beiden Oppositionspolitiker im Parlament waren für die Wahl am Sonntag nicht als Kandidaten zugelassen worden.
Die Oppositionsparteien hatten bis Sonntagabend fast 600 Unregelmäßigkeiten bei der Wahl gemeldet. Sie kritisierten, die Verantwortlichen in den Wahllokalen hätten vor allem die Zahl der Wählerinnen und Wähler höher angegeben als von Wahlbeobachtern gezählt. Zur Wahl der 110 Unterhausabgeordneten waren 6,8 Millionen Menschen aufgerufen. Nach Angaben der Behörden gaben mehr als 35 Prozent von ihnen bereits im Vorfeld per Briefwahl ihre Stimme ab.
Internationale Wahlbeobachterinnen und Wahlbeobachter kritisieren die Abstimmung immer wieder als nicht demokratisch. Schon im Vorfeld machten sie deutlich, dass es in dem Land mit gleichgeschalteten Staatsmedien und fehlender Parteienvielfalt keinen freien Wahlkampf gebe.
Lukaschenko, der die ehemalige Sowjetrepublik seit einem Vierteljahrhundert autoritär regiert, wird oft als “Europas letzter Diktator” bezeichnet. Das am Sonntag gewählte Parlament hat de facto nur eine Alibifunktion, alle wichtigen Entscheidungen trifft der Staatschef persönlich. Er kündigte an, auch 2020 bei der Präsidentenwahl antreten zu wollen. Eine neue Amtszeit für ihn liefe dann bis 2025.
In den vergangenen Jahren bemühte sich Lukaschenko, die Beziehungen zum Westen zu verbessern, der ihm immer wieder die Missachtung der Menschenrechte und die Einschüchterung der Opposition und der Medien vorwirft. Er strebt ein Gegengewicht zum mächtigen Nachbarn Russland an, der Belarus in seinem Einflussbereich halten will.